Kritik an elektronischer Gesundheitskarte wächst.
Ärzteorganisation will aufklären. Ein Gespräch mit Matthias Jochheim
Interview: Gitta Düperthal
Matthias Jochheim ist Mitglied des Vorstands der deutschen Sektion der Ärzte gegen Atomkrieg IPPNW (International Physicians for the Prevention of Nuclear War)
Die elektronische Gesundheitskarte soll schrittweise eingeführt werden und die bisherige Krankenversichertenkarte ersetzen. Ein integrierter Mikrochip soll Zugriff auf zentral gespeicherte Daten ermöglichen. Patientenakten, inklusive OP-Berichte und Röntgenbilder, sollen so zugänglich sein. Wo setzt Ihre Kritik an?
Wir denken, daß damit ein wesentliches Prinzip der Arzt-Patienten-Beziehung außer Kraft gesetzt wird: die Vertraulichkeit.
Bislang gibt es Austausch zwischen Ärzten, die einen Patienten behandeln, einzig zum Zweck der gemeinsamen medizinischen Versorgung. Das soll mit der elektronischen Gesundheitskarte geändert werden.Um die Einwände zu entkräften, wird versichert, daß alles anonymisiert werde.
Aber wir wissen ja, daß eine Verschlüsselung auch wieder rückgängig gemacht werden kann. Diese Kritik hat unter anderem der Chaos-Computer-Club geäußert. Auf Dauer ist nicht gesichert, daß die Daten nur den behandelnden Ärzten und dem Patienten zugänglich sind. Im Rahmen von Antiterrormaßnahmen könnte die Gesetzgebung verändert werden. Das wäre nicht der erste Versuch ...
Können Sie ein Beispiel nennen?Man erinnere sich an die Erfassung der Maut für LKW-Fahrer: Als ein Fahrer eines Mordes verdächtigt wurde, wollte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble die Daten plötzlich nachträglich der Polizei zugänglich machen. Ähnliches ist bei der E-Card zu befürchten. Dem Gesetzgeber könnte einfallen, die Daten zu benötigen, um den Terrorismus zu bekämpfen.Ein anderes Beispiel: Das Institut Booz-Allen-Hamilton erstellte im Auftrag der Gematik GmbH eine Kosten-Nutzen-Analyse. Ergebnis: Die Einführung der Karte, ursprünglich auf 1,4 Milliarden Euro geschätzt, koste bis zu sieben Milliarden Euro.
Der Chaos-Computer-Club kam an diese vermeintlich geheimen Daten der GmbH – an der das Bundesministerium für Gesundheit, Krankenkassen, IT-Konzerne, die Bundesärztekammer und die Kassenärztliche Bundesvereinigung beteiligt sind –ganz leicht heran.
Sie sagen, die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte sei Beispiel für eine funktionierende Vernetzung von neoliberalen Eliten. Können Sie das erläutern?Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium Klaus Theo Schröder ist ein Vorkämpfer der elektronischen Gesundheitskarte. Er war im Vorstand der Rhön-Kliniken einer der großen Privatisierungsgewinner. Im Aufsichtsrat dort wirkt auch Brigitte Mohn mit, Tochter der Bertelsmann-Dynastie. Der Bertelsmann-Konzern hat eine Firmentochter Arvato, und die soll E-Cards in Massenproduktion herstellen. Zusätzlich wird die IT-Industrie mit jenen geschätzten sieben Milliarden gefüttert – aus den Kassen der Versicherten. Ökonomisch werden auch die Krankenkassen profitieren und in der Verwaltung entlastet. Risikogruppen, beispielsweise chronische Erkrankungen wie Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen, können sie so leichter identifizieren.
Was ist daran ein Problem?Zu befürchten ist, daß etwa Betriebsärzte bei einer Bewerbung die E-Card anfordern könnten. So könnte zum Beispiel offensichtlich werden: Ach, schau mal, dieser Bewerber hat einen Alkoholentzug hinter sich. Die elektronische Krankenakte soll zwar freiwillig sein, aber weniger gut informierte Patienten könnten so eine Gefahr nicht erkennen.
Wird die Gesundheitskarte illegalisierten Migranten das Leben noch schwerer machen?Sie haben jetzt schon keine Chipkarte. Wir als Ärzte in sozialer Verantwortung treten ohnehin dafür ein: Jeder Mensch hat unabhängig vom aufenthaltsrechtlichen Status Anrecht auf medizinische Behandlung.
Welche Möglichkeiten der Gegenwehr gibt es?Wir haben ein Aktionsbündnis gebildet, das eine Webseite betreibt. Eher konservative Ärzteorganisationen wie der »NAV-Virchow-Bund« wirken ebenso mit wie der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, der Chaos-Computer-Club und die »Deutsche Gesellschaft für Versicherte und Patienten«. Der Bundesärztetag hat 2007 die Gesundheitskarte in der geplanten Form bereits abgelehnt, und wird sich in Ulm vom 20. bis 23. Mai erneut mit dem Thema beschäftigen. In Kürze werden wir bundesweit Patientenaufklärungen an Arztpraxen verschicken.
stoppt-die-e-card.de
http://www.jungewelt.de/2008/03-27/036.php
"Gesundheitsexperte" Lauterbach sitzt im Aufsichtsrat des Klinikkonzerns Rhön A.G.
Eugen Münch (Rhön AG gleich Bertelsmann)
Eugen Münch weiß wie ein Krankenhaus funktioniert, das als privates Unternehmen geführt wird. Der Gründer und Aufsichtsratvorsitzende der Rhön-Klinikum-AG verfügt über ca. 11.000 Krankenhausbetten in 43 Krankenhäusern. Für 112 Millionen Euro kaufte sein Konzern jüngst das Uniklinikum Marburg-Gießen. Das Credo des 61-Jährigen Schwaben: "Ein Krankenhaus sollte wie eine Automobilfabrik funktionieren." Zum Krankenhaus als Unternehmen gibt es für ihn keine Alternative.
http://www.ungesundleben.org/privatisierung/index.php/Rhön
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